Grundlagen der Laktation

In diesem Beitrag schreibe ich über die Grundlagen der Laktation. Einige wissenswerte Dinge über das Euter, die Milchproduktion und einiges mehr. Ich hoffe, ich drücke mich verständlich aus, manchmal geht der Fachbegriff-Junkie mit mir durch oder ich gehe zu stark ins Detail. Gerne dürft ihr mir einen Kommentar da lassen, ob die Ausführungen verständlich waren.

Die Milchdrüse

Die Milchdrüse besteht aus Milchdrüsenkomplexen, auch Mammarkomplexe, die jeweils eine Zitze besitzen. Sie unterscheiden sich von Tierart zu Tierart. Die Kuh besitzt pro Euterhälfte zwei Milchdrüsenkomplexe – als insgesamt vier Mammarkomplexe mit vier Zitzen. Schaf, Ziege und Pferd haben pro Hälfte nur einen Mammarkomplex und somit insgesamt nur zwei Zitzen. Das Gesäuge vom Schwein besteht meist aus 7, das von Hund und Katze aus 4 bis 6 paarigen Mammarkomplexen. 

Die Zitzen von Kühen, Schafen und Ziegen haben nur einen großen Gang, den Zitzenkanal. Beim Schwein und Pferd sind es zwei, während Hund und Katze 7 – 14 bzw. 4 – 7 Öffnungen besitzen.

Gebildet wird die Milch von spezialisierten Zellen. Über immer größer werdende Milchgänge gelangt die Milch in die Zitzenzisterne. Über den Zitzenkanal kann die Milch dann nach draußen gelangen.

Die Laktation

Die Laktationsdauer und die Laktationsleistung bei verschiedenen Tierarten (Quelle: Physiologie der Haustiere, W. v. Engelhardt, G. Breves)

Rind (Milchrasse)           300 Tage             5000 – 12000 kg

Schaf                            120 – 200 Tage           1000 kg

Ziege                            200 – 250 Tage       500 – 1000 kg

Schwein                          50 – 60 Tage        400 – 600 kg

Pferd                                90 -210 Tage       1500 – 2600 kg

Hund                               50 – 90 Tage         

Katze                                  50 Tage

Die Laktationsleistung ist die gesamte Milchmenge, die in einer Laktation gegeben wird. Die Laktationskurve zeigt den Verlauf der Milchleistung während der Laktation. Sie steigt bei der Kuh in den ersten beiden Wochen steil an und hat nach etwa 6 – 8 Wochen ihr Maximum erreicht. Danach fällt die Kurve kontinuierlich wieder ab.

Im linken Bild sieht man das Schema einer Milchkurve.

Im rechten Bild sieht man die Milchkurven von zwei verschiedenen Kühen.

(Quelle: Rinderzucht; Schwark

Die Milchleistung hängt von vielen Faktoren ab. Zum einen spielt die Energieversorgung der Kuh eine wichtige Rolle, dazu komme ich später noch einmal zurück. Zum anderen haben die Anzahl der Laktationen, das Alter, die Trockenstehzeit, das Klima, die Umgebungstemperatur und der Gesundheitszustand der Kuh eine große Bedeutung.

Die Kuh erreicht die höchste Milchleistung während der 2. und 3. Laktation. Steht die Kuh zu kurze Zeit trocken, wird die folgende Laktation nicht so ergiebig. Das gleiche gilt für zu hohe oder zu niedrige Umgebungstemperaturen. 

Mit der Milchmenge während der Laktation schwankt auch die Menge an Inhaltsstoffen der Milch. Zu Beginn der Laktation sind der Fett- und Eiweißgehalt der Milch am geringsten. Sie steigen bis zum Ende der Laktation an. Darum finde ich es persönlich schade, Kühe möglichst schnell nach der Geburt wieder tragend zu bekommen, da die Milch mit ihren hohen Inhaltsstoffen mit der Dauer der Laktation so ergiebig ist. Sicherlich muss man das für jede einzelne Kuh entscheiden, aber darüber nachdenken sollte man auf jeden Fall. Es ist außerdem problematisch, eine Kuh trocken zu stellen, die noch fast 30 Liter Milch pro Tag gibt. 

Durch das Einsetzen der Milchleistung wird das Euter zunehmend besser durchblutet und die Stoffwechselaktivität nimmt zu. Dadurch wird die Versorgung mit Stoffen für die Milchsynthese gewährleistet. 

Für die Bildung von 1 Liter Milch müssen etwa 500 Liter Blut durch das Euter fließen!

Wird dem Euter keine Milch mehr entzogen, beginnt es wieder kleiner zu werden. So wird bei trockenstehenden Kühen das Euter wieder schlaffer und kleiner. Wie stark der Unterschied zwischen einem Euterviertel in Milch und einem nicht-milchgebenden Euterviertel sein kann, zeigen die folgenden Fotos.

So eine Kuh nennt man dann Dreistrich. „Strich“ ist ein anderes Wort für Zitze. Ein Dreistrich bedeutet also, dass die Kuh nur auf drei Eutervierteln Milch gibt, das vierte Viertel verkümmert. Das kann mehrere Ursachen haben. Die häufigste Ursache ist wohl eine Entzündung im Viertel, die die Zellen so schwer schädigt, dass sie keine Milch mehr produzieren. Das passiert durch Einwandern von Erregern in das Euter. Dieses kann auch passieren, wenn sich Kälber, Rinder oder Kühe gegenseitig besaugen, also an den Zitzen nuckeln.

Manchmal sitzt die Entzündung auch tiefer im Zitzen- oder Strichkanal. Dann wird zwar Milch produziert, kann aber nicht nach außen gelangen. Diese Viertel bilden sich nach einiger Zeit auch wieder zurück und veröden.

Die Trockenstehzeit

Die Trockenstehzeit bei den Kühen ist die Zeit, in der die hochtragende Kuh nicht gemolken wird. Sie ist notwendig, um dem Euter eine Ruhephase zu gewähren. Optimal ist eine Trockenstehzeit von 45 – 60 Tagen. 

Man unterteilt die Trockenstehzeit in drei Phasen. Die erste Phase ist geprägt von der Rückbildung des Euters. Diese Phase dauert etwa 3 Wochen. Daran schließt sich eine Phase des Gleichgewichtes an. Diese Phase ist je nach Trockenstehzeit unterschiedlich lang. Etwa 3 Wochen vor der Geburt wird das Euter auf die kommende Laktation vorbereitet. In dieser Zeit wird das Kolostrum gebildet. Das Kolostrum ist die erste Milch und für das neugeborene Kalb lebenswichtig.

Während der Trockenstehzeit besteht für das Euter ein erhöhtes Infektionsrisiko. Erreger können über den Zitzenkanal in das Euter gelangen und eine Euterentzündung verursachen. Besonders kritisch ist dabei der Beginn und das Ende der Trockenstehphase. In beiden Abschnitten ist der innere Druck im Euter durch die Milch erhöht. Es kann passieren, dass Milch austritt und somit der Zitzenkanal geöffnet ist. Hinzu kommt, dass es keinen Melkvorgang gibt, bei dem die Keime ausgespült werden. Auch eine entsprechende Euter- und Zitzenhygiene findet in dieser Zeit nicht statt.

Die Milchabgabe

Ein Teil der Milch ist in der Zisterne der Zitze gespeichert. der größte Teil der Milch in den Hohlräumen der milchbildenden Zellen und den kleinen Milchgängen gespeichert. Diesen Teil nennt man den Alveolenteil.

Im linken Bild ist ein Euter einer Kuh im Querschnitt dargestellt. in der Zitze sieht man die Zisterne, darüber ist das Eutergewebe mit dem Alveolarzellen,. Diese bilden die Milch und speichern sie in Hohlräumen.

(Quelle: Lehrbuch der Anatomie der Haustiere Band III; R. Nickel, A. Schummer, E. Seiferle)

Aus dem Zisternenteil fließt die Milch ungehindert ab, wenn man z. B. eine Kanüle in die Zitze einführt. Für die Abgabe aus dem Alveolenteil wird die Wirkung des Hormons Oxytocin benötigt. Durch das Oxytocin ziehen sich kleine Muskelzellen um die Alveolarzellen zusammen, die in ihrem Hohlraum die Milch gespeichert haben, und an den kleinen Milchgängen, die dadurch weit gestellt werden. Das nennt man das Einschießen der Milch oder im Fachbegriff die Milchejektion.

Natürlicherweise wird das Oxytocin durch das Saugen des Kalbes, das Anrüsten des Euters oder das Melken der Kuh ausgeschüttet. Dieses benötigt etwa eine Minute Zeit, bis das Oxytocin am Euter angekommen ist. Die Wirkung des Oxytocins hält dann etwa 5 bis 7 Minuten an. Deswegen ist das Anrüsten beim Melken so wichtig. Oft reicht aber schon das Anmelken der ersten Milch und das Reinigen des Euters. Nach dem Anrüsten sollte schnell mit dem Melken begonnen werden, um die Wirkung des Oxytocins voll auszunutzen. Bei einigen Kühen können auch erlernte Reize zum Einschuss der Milch führen, wie z. B. das Geräusch der laufenden Melkmaschine.

Zu den Milchinhaltsstoffen gehören neben dem Milchfett, dem Milcheiweiß und der Laktose (Milchzucker) noch Mengen- und Spurenelemente wie Calcium, Magnesium und Phosphat, sowie Eisen und Kupfer. Außerdem sind auch Vitamin A, Vitamin E, verschiedene B-Vitamine und Vitamin C in der Milch enthalten.

Weitere Bestandteile der Milch sind Zellen, die entweder aus dem Blut oder aus dem Eutergewebe stammen. Sie schwanken erheblich in Abhängigkeit von der Eutergesundheit und dem Laktationsstadium.

Infektionsabwehr des Euters

Es gibt verschiedene Abwehrmechanismen im Euter.

Als erstes ist die mechanische Barriere zu nennen. Diese wird durch den Schließmuskel des Zitzenkanals gebildet. Während der Trockenstehphase wird diese Barriere noch durch einen Keratinpropfen verstärkt. Dieser enthält Inhaltsstoffe, die Bakterien abwehren können.

Dann gibt es noch eine chemische Abwehr. Hier ist Laktoferrin und Lysozym von Bedeutung. Laktoferrin greift in den Stoffwechsel der Bakterien ein, Lysozym schädigt die Zellwände der Bakterien.

Komplettiert wird das Abwehrsystem von der zellulären Abwehr mit sogenannten Fresszellen und einer humoralen Abwehr durch die Ausschüttung von Antikörpern (Immunglobulinen).

Wer mehr darüber wissen möchte, kann mir gerne einen Kommentar schreiben, ansonsten will ich hier nicht weiter ins Detail gehen.